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Am 29. Januar 2025 stellte die Europäische Kommission mit dem EU-Kompass für Wettbewerbsfähigkeit eine umfassende Strategie vor, die in den kommenden Jahren die regulatorische Landschaft in der EU prägen soll. Ein zentrales Element dieser Strategie ist das geplante Omnibus-Regulierungspaket, das auf die Vereinfachung bestehender Richtlinien wie der CSRD, der CSDDD und der EU-Taxonomie abzielt. Ziel ist eine deutliche Reduktion der Berichtspflichten, insbesondere für KMU, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft zu fördern. Die endgültige Ausgestaltung jedoch ist weiterhin offen. Wir betrachten drei mögliche Szenarien im Kontext der neuesten Entwicklungen.
Hintergrund und Ziel der Omnibus-Initiative
Die Omnibus-Regulierung strebt eine Verringerung der Berichtspflichten um mindestens 25 % für Großunternehmenund 35 % für KMU an. Ein zentraler Bestandteil ist die Einführung einer neuen „Small Mid-Cap“-Kategorie, die Unternehmen zwischen KMU und Großunternehmen entlasten soll. Die Kommission hat zudem betont, dass die neuen Maßnahmen darauf abzielen, die Berichtspflichten stärker an den Bedürfnissen von Investoren auszurichten und den "Trickle-Down-Effekt" auf kleinere Unternehmen in der Lieferkette zu verhindern.
Aktuelle Berichte von 'Responsible Investor' deuten darauf hin, dass die Diskussionen weitreichendere Änderungen umfassen könnten:
- Die Ausrichtung des CSRD-Anwendungsbereichs an die CSDDD, wodurch Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern nicht mehr berichtspflichtig wären. Dies könnte bis zu 85 % der Unternehmen aus dem Geltungsbereich ausschließen
- Ein potenzieller Fokuswechsel von der doppelten Materialität hin zu einer rein finanziellen Materialität.
- Verzögerungen bei der Veröffentlichung des Omnibus-Vorschlags bis März 2025.
Obwohl diese Punkte noch nicht final sind, zeigen sie die Richtung an, in die die Diskussion gehen könnte.
Szenarien für die Omnibus-Regulierung
Szenario 1: Drastische Deregulierung mit umfassender Vereinfachung
In diesem Szenario würde die Omnibus-Regulierung einen deutlichen Rückschritt in den Berichtspflichten darstellen:
Signifikante Schwellenwerterhöhung: Wie aus den aktuellen Diskussionen hervorgeht, könnte der Schwellenwert für große Unternehmen auf bis zu 1.000 Mitarbeiter oder mehr angehoben werden. Frankreich fordert sogar eine Grenze von 5.000 Mitarbeitern.
Streichung technischer Anforderungen: Mehrere Berichte, darunter die Empfehlungen der Platform on Sustainable Finance, sprechen für die Reduktion oder Lockerung von komplexen Anforderungen wie Scope-3-Emissionen und DNSH-Bewertungen (Do No Significant Harm).
Zweijährige Verschiebung: Die CSDDD könnte um zwei Jahre verschoben werden, während die CSRD ebenfalls eine Verzögerung erfährt, um Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben.
Dieses Szenario würde Unternehmen erheblich entlasten, jedoch langfristig die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsagenda der EU gefährden.
Szenario 2: Moderate Vereinfachung mit Fokus auf Kernbereiche
Dieses Szenario basiert auf einer vorsichtigen Reform, die Berichtspflichten reduziert, ohne die grundlegenden Nachhaltigkeitsziele zu gefährden:
Gezielte Datenpunkt-Reduktion: Bis zu 275 Datenpunkte könnten aus der CSRD gestrichen werden, insbesondere solche, die in mehreren Richtlinien wie der EU-Taxonomie und der CSDDD doppelt gemeldet werden müssen. Beispielsweise könnten Risikobewertungen und soziale Datenpunkte zusammengeführt werden.
Materialitätsschwellen: Die Einführung von Schwellenwerten für KPIs und eine Vereinfachung der DNSH-Bewertung könnten die Anforderungen für kleinere Unternehmen reduzieren.
Phasenweise Einführung: Die CSRD und CSDDD könnten gestaffelt umgesetzt werden, wobei kleinere Unternehmen verlängerte Übergangsfristen erhalten.
Dieses Szenario würde die Balance zwischen Vereinfachung und Nachhaltigkeitszielen bewahren und gleichzeitig Investoren und Unternehmen entgegenkommen.
Szenario 3: Strukturreform mit klarer Abgrenzung für KMU
Hierbei würde die Omnibus-Regulierung eine strukturelle Reform ohne Verzögerungen verfolgen:
Einführung der „Small Mid-Cap“-Kategorie: Diese neue Kategorie könnte etwa 31.000 Unternehmen entlasten, indem Berichtspflichten an die Unternehmensgröße angepasst werden. Dies würde freiwillige Ansätze für KMU stärken und regulatorische Anforderungen für mittlere Unternehmen vereinfachen.
Kernanforderungen bleiben erhalten: Wichtige Datenpunkte wie Scope-3-Emissionen und Klimarisiken könnten für größere Unternehmen beibehalten werden, während KMU freiwillige Ansätze nutzen können.
Fokus auf Datenzugänglichkeit: Berichte wie der von der Platform on Sustainable Finance betonen die Notwendigkeit klarer Leitlinien und vereinfachter Datenzugriffsmechanismen, um die Berichtskosten zu senken.
Dieses Szenario könnte langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken, ohne die Integrität der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gefährden.
Ein positiver Ausblick: Warum Unternehmen weiterhin auf Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen sollten
Trotz der aktuellen Unsicherheiten im regulatorischen Umfeld sollten Unternehmen ihre Bemühungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung keinesfalls einstellen. Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte nicht nur als reine Compliance-Aufgabe betrachtet werden, sondern als strategisches Instrument, um wertvolle Einblicke in Risiken, Chancen und Wachstumsbereiche entlang der Wertschöpfungskette zu erhalten. Ähnlich wie bei der Finanzberichterstattung bietet sie Entscheidungsgrundlagen für die optimale Verteilung von Ressourcen und stärkt das Vertrauen von Investoren und Kunden.
Selbst wenn bestimmte Anforderungen gelockert werden, bleibt der Druck von Stakeholdern bestehen, qualitativ hochwertige und transparente Daten zu liefern. Nachhaltigkeitsberichte können dazu beitragen, Risiken entlang der Wertschöpfungskette besser zu verstehen, Kapitalallokationen effizienter zu gestalten und neue Wachstumschancen zu identifizieren.
Ein Branchenexperte betonte kürzlich: „Sustainability reporting should not just be a compliance exercise. It can help better understand risks along the value chain and point towards growth opportunities.“ Unternehmen, die Nachhaltigkeit strategisch nutzen, sind langfristig besser aufgestellt und können ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
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